Dirk Peterssen Interview
Moin Dirk,
Landwirtschaft auf Pellworm, was bedeutet das für Dich?
Landwirtschaft auf Pellworm ist eine besondere Herausforderung mit Standortnachteilen, aber sicherlich auch mit Chancen.
Zum Beispiel?
Ich kann meinen Betrieb vielfältiger aufstellen. Tourismus in Verbindung mit Landwirtschaft lässt sich gut kombinieren. Alternative Energien können ein weiteres Standbein sein. Die Energie AG ist wieder aktiv, daraus können sich vielleicht für die Landwirtschaft neue Perspektiven ergeben. So können auch wir zum Gelingen der Energiewende beitragen. Durch den Tourismus kann auch die Direktvermarktung eine weitere Einkommensmöglichkeit für den einen oder anderen Betrieb sein. Damit hätten wir den Markt vor der Haustür, und sprechen nicht von Marktferne.
Und den klassischen landwirtschaftlichen Betrieb, gibt es ihn weiterhin?
Ich hoffe schon, aber auch da sollten wir sehen, dass wir das hochwertige, hochpreisige Segment bedienen. So wie zum Beispiel die Tierwohlmilch.
Eine große Sorge ist der Gänsefraß, der den Betrieben die nötige Futtergrundlage entzieht. Das ist nicht nur eine Existenzbedrohung für die landwirtschaftlichen Betriebe, sondern es verändert auch die Bewirtschaftungsformen und das Landschaftsbild. Es gibt weniger Grünland, weil die Gänse dort besonders stark fressen. Es gibt mehr Ackerflächen, es wird mehr Mais angebaut. Das ist ganz eindeutig auf die zunehmende Gänsepopulation zurückzuführen. Grünland ist u.a. ein wichtiger Lebensraum für Wiesenvögel und Feldhasen. Es ist also nicht nur ein Problem für die Landwirtschaft, wenn die hohe Anzahl der Gänse das Gleichgewicht der verschiedenen Arten durcheinanderbringt.
Gibt es Lösungen?
Vielleicht eine Kombination von mehreren Maßnahmen, wie ein verändertes Jagdrecht, Vergrämungsmaßnahmen, kontrolliertes Eiersammeln (nur bei der Graugans möglich). Parallel müssen Ausgleichszahlungen dem Schaden entsprechend weiterlaufen. Alles, was wir wollen, ist eine Bestandsregulierung, keine „Ausrottung“. Die entscheidenden Gremien müssen erkennen, dass es nicht nur um die Landwirtschaft geht. Lösungen für dieses Thema werden nicht auf Gemeindeebene gefunden. Das ist ein langer Weg über Kreis-, Land-, Bundes- und letztendlich Europaebene. Genauso wie bei dem diskutierten Verbot der Schleppnetze bei den Krabbenfischern. Diese, nicht fachlich basierte Politik, verliert den Bezug zu den Menschen vor Ort.
Die Inselmeierei hat neue Betreiber, wie stehst Du dazu?
Absolut positiv! Die Meierei liegt mir besonders am Herzen. Ich freue mich sehr über diese Entwicklung. Die Meierei ist eine Bereicherung für die Insel. Sie stärkt Landwirtschaft, insgesamt die Inselwirtschaft und ist gut für den Tourismus. Klassische WIN-WIN Situation. Vielleicht ließe sich die Milchverarbeitung noch auf den konventionellen Bereich ausweiten, dann wäre die Wertschöpfung noch breiter aufgestellt.
Es wurde sogar einmal über ein Schlachthaus auf Pellworm nachgedacht…
Nicht nur nachgedacht, es wurde ein Planungsbüro beauftragt und es hat Planungskosten gegeben. Es hat sich aber als nicht umsetzbar erwiesen. In der Planung sollte die Gemeinde die Trägerschaft und somit die finanzielle Verantwortung übernehmen. Das ist nicht umsetzbar, erst recht nicht für eine Bedarfsgemeinde.
Vielleicht wäre eine Fleischverarbeitung auf Pellworm umsetzbar. Schlachtung auf dem Festland, die weitere Verarbeitung auf Pellworm. Das wären Gedanken für die Zukunft.
Eine letzte Frage, wie siehst du die Akzeptanz der Landwirtschaft auf Pellworm?
Pellworm ist traditionell landwirtschaftlich geprägt. Sie macht den besonderen Charakter unserer Insel aus. Letztendlich haben wir hier eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, ein größerer Betrieb auf Pellworm ist auf dem Festland allenfalls ein Betrieb mit durchschnittlicher Betriebsgröße. Natürlich gibt es auch Reibungspunkte, aber eine lebendige Landwirtschaft riecht auch mal und ist sichtbar oder hörbar.
Mehrere Betriebe machen Hofführungen, erklären die Landwirtschaft auf Pellworm, leisten Öffentlichkeitsarbeit. Ich mache seit dem letzten Jahr Weideführungen. Ich denke schon, dass sich dadurch das Verständnis für die Landwirtschaft verbessert.