Fremde Federn
Es ist Wahlkampfzeit, da geht es um das Werben der Wählergunst und natürlich will jede Partei gut dastehen - das liegt in der Natur der Sache.
Die SPD Pellworm hat auf deren Webseite und in der April Ausgabe des De Pellwormer die angebliche Erfolgsbilanz der SPD 2018-2023 veröffentlicht.
Dabei stellt sich uns die Frage: „Wie weit kann bzw. sollte eine Partei gehen Erfolge für sich zu beanspruchen und wie glaubhaft sind die genannten Punkte?“
Wir sind zu dem Schluss gelangt, dass die Erfolgsbilanz der SPD sehr knapp formuliert ist und unbedingt Hintergrundinformationen erforderlich sind, um die von der SPD beanspruchten Erfolge im Gesamtzusammenhang bewertbar zu machen. Daher möchten wir einige Punkte anmerken:
Wir beginnen mit den Bauprojekten Sanierung L97 und Bau der Mensa & Kita:
- Sanierung Landstraße L 97: Die tatsächliche Umsetzung (d.h. die Bauarbeiten) eines solchen Projektes sind das, was Jeder sieht, allerdings ist die schwierigste Aufgabe bei kommunalen Bauprojekten die Finanzierung von Bau- und zugehörigen Planungsarbeiten.
Die Planung/ Finanzierung des Projekts Sanierung Landstraße L 97 wurde bereits in den Jahren 2016/17 durch den Gemeinderat beschlossen, das heißt vor der letzten Kommunalwahl. Das Projekt sollte bereits 2018 umgesetzt werden. Die Umsetzung verzögerte sich dann seitens des Landes Schleswig-Holstein und fiel somit in die Zeit nach der letzten Kommunalwahl.
Ist die Sanierung der L97 vor diesem Hintergrund eine Errungenschaft der SPD Pellworm?
- Ein ähnliches Bild zeichnet sich für den Bau der Kita und Mensa. Die Planungen wurden bereits vor der Kommunalwahl 2018 im Gemeinderat beschlossen und wurden dann entsprechend der Beschlussfassung umgesetzt.
Sollte sich die SPD Pellworm dieses Projekt als deren Errungenschaft auf die Fahne schreiben?
Sehen wir uns mal die Themen an, die uns allen unter den Nägeln brennen- Trinkwasserleitung und Deichbau:
- Trinkwasserleitung- Stark machen für eine neue Leitung reicht nicht. Ein „Starkmachen“ bedeutet keinen konkreten Erfolg. Wie oben beschrieben (siehe Sanierung L97) ist der schwierigste Teil bei kommunalen Bauprojekten die Finanzierung. In 5 Jahren unter der Führung der SPD gab es keine Klärung zur vollständigen Finanzierung für die Wasserleitung nach Pellworm. Ist das ein Erfolg? (Anmerkung: Einen Teil der Kosten übernimmt der Wasserverband Nord, einen weiteren Teil übernimmt das Land wie im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung festgesetzt, es geht um den fehlenden Restbetrag).
- Deichsicherheit ist ebenfalls ein sehr wichtiges Thema, da sind wir uns alle einig. Der Deichbau sei auf der Prioritätenliste des Landes nach oben gerutscht sagt die SPD Pellworm. Genauso wie ein Projekt auf einer Prioritätenliste nach oben rückt, genauso schnell verschiebt es sich auch wieder nach hinten. Wieviel weiter sind wir denn beim Deichbau konkret gekommen? Gibt es Gespräche über konkrete Baumaßnahmen, gibt es Finanzierungsgespräche? Von einem Erfolg im Deichbau könnte hier nur gesprochen werden, wenn die Bautrupps die Arbeiten beginnen.
Wollen wir noch kurz über den Fahrkartenzuschuss sprechen?
Auch hier lohnt ein Blick auf das große Ganze, denn auf Betreiben der SPD Pellworm wurden die Kaigebühren angehoben. Eine Errungenschaft für die Gemeindekasse, denn damit steigen die Einnahmen für die Gemeinde. Ob man das jetzt gut oder schlecht heißt, lassen wir mal außen vor. Was jedem klar sein sollte ist, dass solche Kosten sich auf die Fahrkartenpreise auswirken und vom Betreiber umgelegt werden müssen. Also hat eine Erhöhung der Kaigebühren (= mehr Einnahmen für die Gemeinde) gestiegene Fährpreise zur Folge: Für Personen (Einheimische, Gäste und z. Bsp. Handwerker) sowie für deren Fahrzeuge. Indirekt führt das auch zu Preissteigerungen für alle Waren die per Fähre auf die Insel gebracht werden, denn alle Waren werden auch mit Fahrzeugen angeliefert. Zusammenfassend könnte man sagen: Die 10er Karten werden bezuschusst mit Geld, das die Gemeinde mehr einnimmt. Diese Mehreinnahmen werden von uns allen bezahlt. Viele nutzen aber auch Fahrkarten für Fahrzeuge oder Einzelfahrten. Diese werden nicht bezuschusst, wurden aber auch wegen der höheren Kaientgelte teurer.
Wir werfen einen Blick auf die Themen Gemeinschaftsgefühl auf der Insel, Frauenpolitik und Transparenz in der Inselpolitik:
- Insbesondere in den beiden Jahren nach der letzten Kommunalwahl 2018 gab es eine Spaltung auf der Insel. Beispiele hierfür sind die Coronapolitik oder die Debatte um die Kaigebühren. Es kam zu Anfeindungen und öffentlichen Auseinandersetzungen in einer Art, wie man es innerhalb der Inselgemeinschaft noch nicht erlebt hat. Dass sich die SPD Pellworm nun rühmt das Gemeinschaftsgefühl auf der Insel gestärkt zu haben können wir nicht nachvollziehen.
Wir sehen es als erfreulich an, dass zu wichtigen Themen Bürgerversammlungen stattfinden, wir möchten nur anmerken: Diese gab es auch schon vor 2018.
- Die SPD rühmt sich „Mehr Frauen für die Kommunalpolitik begeistert zu haben“. Es heißt „Unsere Bürgermeisterin hat viele andere Frauen zum Mitmachen motiviert.“ Diese Aussage ist vollkommen haltlos und zutiefst beschämend: Sie zeichnet auf den ersten Blick ein frauenfreundliches Bild, aber eigentlich wird suggeriert, dass eine Frau den Weg frei machen musste für andere Frauen: Frauen mussten zum Mitmachen motiviert werden. Etwa weil sie sich selbst nicht motivieren konnten? Sprecht selbst mit den neuen Kandidatinnen der Parteien und fragt sie einmal, ob die Strahlkraft unserer Bürgermeisterin der Grund war, warum sie sich nun in der Politik engagieren.
Richten wir unseren Blick auf die Themen Biosphäre und Glasfaserausbau:
- Die Idee, dass Pellworm der Biosphäre beitritt wurde lange vor der letzten Kommunalwahl 2018 seitens der CDU angestoßen. Dieses Projekt wurde fortgeführt. Das ist gut so, aber es ist keine alleinige Errungenschaft der SPD.
- Die Planungen für den Glasfaserausbau auf Pellworm starteten lange vor der letzten Kommunalwahl für die sogenannten Kerngebiete der Insel und aktuell werden die Anschlüsse für die Restgebiete geplant. Seit der Veröffentlichung der Breitbandstrategie im Jahr 2013 verfolgt die Landesregierung bereits das Ziel flächendeckend Glasfaser bis 2030 in Schleswig-Holstein einzuführen. Dies ist wichtig für die Insel. Einen alleinigen Erfolgsanteil der SPD an diesen Projekten können wir nicht erkennen.
Ein weiterer Themenblock betrifft die Themen Gemeindefinanzierung, Energiekonzept und Hubschrauberlandeplatz. Diese Themen werden mit jeweils einem Zweizeiler bedacht, und auch hier möchten wir folgende Hintergründe ergänzen:
- Zum Energiekonzept: Hat Pellworm mit dem Masterplan 2030 wirklich den „ersten wichtigen Schritt zu einer nachhaltigen klimaneutralen Energieversorgung“ getan? So behauptet es die SPD in ihrer Erfolgsbilanz. Dieses Thema ist wie alle anderen in diesem Abschnitt ein sehr komplexes Thema, aber unbestreitbar ist es, dass es bereits das Energiekonzept 2010-2020 gab und dieses auch weitestgehend abgearbeitet wurde.
Die Planungen zum Nachfolgeprojekt unter SPD-Führung mit externen Akteuren gerieten ins Stocken. Nachdem die Arbeitsgemeinschaft Energie nun wieder das Thema übernommen hat, ist endlich ein Anschluss an die früheren Planungen zum Energiekonzept geschaffen. Übrigens sind in der Energie AG alle Parteien vertreten und sie steht unter einer politisch neutralen Leitung.
- Bei der Gemeindefinanzierung gab es einige Änderungen in den Rand- und Rahmenbedingungen. Unstrittig ist jedoch die Tatsache, dass der Haushalt 2020 und der Haushalt 2021 im jeweiligen Haushaltsjahr erst im November genehmigt wurden, was die Gemeinde im jeweiligen Haushaltsjahr nahezu handlungsunfähig machte. Die Gründe für diese Schwierigkeiten waren größtenteils hausgemacht und dass die SPD Pellworm den Punkt „solide Gemeindefinanzierung“ unter den Erfolgsgeschichten verbucht entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
- Zum Thema Hubschrauberlandeplatz sollte ergänzt werden, dass der vorherige Hubschrauberlandeplatz nicht mehr den Anforderungen entsprach und die zuständige Luftfahrtbehörde Auflagen zu einem neuen Hubschrauberlandeplatz machte.
Bei dem heutigen Hubschrauberlandeplatz handelt es sich um eine vorübergehende Lösung, da hier bestimmte Anforderungen nicht erfüllt werden konnten. Uns allen ist daran gelegen, dass die medizinische Notfallversorgung aufrechterhalten werden kann, aber dennoch sollte klar kommuniziert werden, dass das Thema Hubschrauberlandeplatz leider noch nicht dauerhaft abgearbeitet wurde.
Zu Beginn des Wahlkampfs gab es innerparteiliche Beratungen wie wir im Wahlkampf vorgehen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, unseren Wahlkampf in einer Art und Weise zu führen, in der wir unsere zentralen Werte Gemeinschaft und Anstand klar zum Ausdruck bringen.
Deshalb nehmen wir es nicht wortlos hin, dass gemeinschaftliche Erfolge als die besonderen Erfolge Einzelner umgedeutet werden. Und nur weil Wahlkampf ist, vergessen wir nicht was uns wichtig ist: Gemeinschaft, Anstand und die Zukunft unserer Insel auf den Weg zu bringen. (ChS)